Die nachkonziliäre Geschichte der alten katholischen Messe in Frankfurt am Main beginnt im Jahre 1984, als Papst Johannes Paul II. ein Duldungsdekret für die Feier des überlieferten Messritus erließ. Diesem Indult waren zahllose Bitten von Gläubigen vorangegangen, das von Papst Paul VI. verfügte grundsätzliche Verbot einer Messfeier nach den zuletzt im Konzil von Trient geordneten Büchern aufzuheben. Dem Gesuch einiger Gläubiger unmittelbar nach Erlass des Indults wurde in der Diözese eher unwillig und mit strengen Auflagen entsprochen: so wurde weiterhin eine „alte Messe“ am Sonntag verboten; die Gläubigen hatten sich zu verpflichten, keine Verbindungen zur Priesterbruderschaft Pius X. zu unterhalten. Zunächst wurde eine „alte Messe“ einmal im Monat am Herz-Jesu-Freitag gestattet, und das nicht in einer Gemeindekirche, sondern in der im ersten Stock des Kolpinghauses gelegenen, ungewöhnlich kargen und frostigen Hauskapelle.
Priester mussten Diözesanpriester sein, die noch im Alten Ritus geweiht worden waren; zu Beginn wurden Zelebranten ausgesucht, die erklärten, mit dem „alten Ritus“ nicht zu sympathisieren , und die auch in der Predigt versuchten, die kleine Gemeinde gegen die liturgische Tradition einzunehmen. Dennoch entwickelte sich in der Kolping-Kapelle allmählich ein reges liturgisches Leben, vor allem nachdem Papst Johannes Paul II. 1988, als Reaktion auf die von Rom verbotenen Bischofsweihen durch Erzbischof Lefebvre, mit dem Dokument „Ecclesia Dei afflicta“ die Restriktionen der „alten Messe“ weitgehend aufhob und die Bischöfe um großzügige Erlaubnis solcher Messfeiern bat.
Zugleich wurden nun wöchentliche Messen gestattet, und zwar am Mittwoch, und wenn auf diesen Mittwoch ein Hochfest fiel, war es gelegentlich, nicht immer, sogar erlaubt, es zu feiern. In der Enge der nüchternen Kapelle wurden nun levitierte Hochämter zelebriert, der gregorianische Choral wurde die Regel. Neugeweihten Priestern der Petrusbruderschaft wurde eine Primizmesse konzediert, allerdings ohne das Recht zur Predigt. In dankbarem Gedenken an diese Jahre bleiben Domkapitular Dr. Böckenfoerde, Professor Link, Pfarrer Knothe, Rektor Kinkel, Pater Hesse und Pater Safran, die sich stets bemühten, den Wünschen der Gläubigen nach einer vollständigen und authentischen Zelebration nachzukommen.
Im Jahre 1995 war dann die Katakomben-Zeit der Gemeinde des „alten Ritus“ vorbei. Sie durfte aus der Kolpingkapelle nach St Leonhard umziehen, eine der schönsten Kirchen Frankfurts, freilich immer noch nur mit einer Mittwochsmesse, nun aber am Hochaltar und mit einem großen Sanktuarium, in dem die Liturgie sich entfalten konnte. Vorhergegangen war dem 1995 eine festliche Messe in derselben Kirche aus Anlass einer Tagung der Vereinigung „Pro missa tridentina“, als der römische Prälat Msgr.Camille Perl dort zum ersten Mal seit der Messreform 1969 wieder im „alten Ritus“ zelebrierte. Nun traten deutlich jüngere Diözesangeistliche hinzu, die schon nicht mehr im alten Ritus geweiht worden waren und ihn neu erlernen mussten; vor allem Rektor Scholz und Professor Kloft.
Das Pontifikat Benedikts XVI. brachte einen großen Einschnitt: das päpstliche ‚Motu proprio‘ im Jahre 2007 und später die Ausführungs-bestimmungen ‚Summorum pontificum‘ im Jahre 2011 befreiten den „alten Ritus“ grundsätzlich von allen Beschränkungen. Papst Benedikt erkannte den Wunsch der Gläubigen nach der Feier der überlieferten, durch die Jahrtausende geheiligten Form als berechtigt an, bestätigte die alten Bücher und sicherte ihnen als „außerordentliche Form des römischen Messritus“ einen festen Platz unter den Büchern der Kirche. Der damalige Limburger Bischof Tebartz van Elst entsprach diesen päpstlichen Gesetzesakten sofort und gestattete von nun an die Alte Messe an Sonn- und Feiertagen.
Im Jahr 2011 begann wieder ein neues Kapitel: St. Leonhard sollte von Grund auf renoviert werden, dabei die Aufschüttung des Kirchenbodens beseitigt und die ursprünglichen Proportionen wiederhergestellt werden; das hieß , die Kirche würde mehrere Jahre nicht genutzt werden können. Ein neuer Umzug war unvermeidbar.
Es ging über den Main hinüber zur Mariä Himmelfahrtskirche des Deutschordenskonvents. Hier hat die „alte Messe“ schließlich eine Heimat gefunden, wie man sie sich in den Anfängen der 80er Jahre in den kühnsten Träumen nicht hätte ausmalen können. Die Patres des Deutschen Ordens P. Jörg Weinbach und P. Georg Fischer wohnen neben der Kirche und sind für die Fragen der Gläubigen jederzeit zugänglich. Man kann sagen, dass aus der losen Gemeinschaft des „alten Ritus“ in Deutschorden eine Art Pfarrei geworden ist, wenn auch ohne die juristische Form einer solchen.
Endlich kann hier auch das Sakrament der Buße regelmäßig empfangen werden. Es finden Taufen und Firmungen nach den alten Büchern statt. Eine besondere Bereicherung sind die großen Sühnenächte am ersten Freitag jeden Monats mit zwei heiligen. Messen und Beichtgelegenheit. In über dreißig Jahren ist auf diese Weise beinahe so etwas wie eine liturgische Normalität entstanden.